Vereinsgeschichte

Erfahren Sie mehr…

Vereinsgeschichte

Geschichte

NEUBEGINN 1945 – 1989

Der Zweite Weltkrieg hatte überall in Deutschland seine Spuren hinterlassen: Halb Deutschland lag in Schutt und Asche. Die Nachkriegszeit war geprägt von Rationierungen und Wiederaufbau von Zerstörtem. An den Wassersport war in Alt Ruppin vorerst nicht zu denken, zumal nach der Vernichtung des bisherigen Bootshauses und des Bootsmaterials, der Rudersport seiner Grundlage beraubt war.

Dennoch geriet der ehemalige Verein offenbar nicht in Vergessenheit: Sieben Jahre nach Kriegsende kamen alle am Wassersport interessierten Bürger erneut zusammen.

Die Betriebssportgemeinschaft „Traktor Alt Ruppin“ hatte am 06.02.1952 zu einer Versammlung geladen, mit dem Ziel, den Wassersport in der Rhinstadt neu zu organisieren. Und diese Idee fand großen Beifall: Noch am Tag der Versammlung wurde die Gründung einer neuen „Sektion Rudern“ beschlossen, der sodann 41 Anwesende gleich beitraten.

Zum Vorsitzenden wurde Hans Massör gewählt. Mit Hans Nöthling, der, wie schon 1928, als Vorreiter der Neugründung gesehen werden kann, saß außerdem ein bereits bekanntes Gesicht des Rudersports in Alt Ruppin im Vorstand.

Unterstützung bekam die neu geschaffene Abteilung vom Rat der Stadt Alt Ruppin: Ein geeignetes Gelände auf der Halbinsel wurde der Sektion zur Verfügung gestellt. Zusätzlich förderte die Stadt den Bau eines neuen Bootshauses mit 2.000,- Mark und den Kauf von einem Kanadier und zwei Paddelbooten mit 200,- Mark. Damit war der Grundstein für einen Neuanfang gelegt.

Nun galt es eine Heimstätte für den Wassersport zu schaffen: Noch im Winter gingen die Mitglieder ans Werk und nahmen auf dem Gelände zunächst Planierungsarbeiten vor. Hilfe beim Bau des Bootshauses erhielten sie vom Forstwirtschaftsbetrieb Neuruppin, vom Sägewerk Alt Ruppin und von ortsansässigen Zimmerleuten.

Zwei Bootshallen, zwei Ankleidekabinen und ein Clubraum sollten geschaffen werden. Holz musste her: Eine alte Wohnbaracke, die abgerissen werden sollte, wurde zur Gewinnung von Kanthölzern und Brettern genutzt. Zusätzlich stellte der Forstwirtschaftsbetrieb unentgeltlich Baumstämme zum Einschlag zur Verfügung. Der Schweiß tropfte an den Wochenenden: Sonderschichten wurden eingelegt, um beim Bau voran zu kommen. Samstags wurden die Bäume gefällt und direkt beim Sägewerk abgeliefert, das den korrekten Schnitt in einer Nachtaktion besorgte.

Sonntagmorgen standen die Zimmerleute auf dem Gelände der Sektion bereit, um auf dem Fundament das Gerüst des Bootshauses aufzubauen. Bereits nach drei Wochenenden konnte die Richtkrone aufgesetzt werden. Nur durch diese Gemeinschaftsaktion der Wassersportler, ihrer Freunde und der Alt Ruppiner Betriebe war es überhaupt möglich, der neu gegründeten Abteilung in kürzester Zeit ein Domizil zu schaffen.

Bereits im Frühjahr 1953 konnte das neue Bootshaus eingeweiht werden. Mit dabei waren auch die Ruderer aus Werder / Havel, mit denen im Vorfeld bereits ein Freundschaftsbund geschlossen worden war.

Die Werderaner brachten als Geschenk einen Doppelzweier ohne Steuermann mit. Im Zuge der Einweihung wurden sämtliche Boote getauft:

  • Doppelzweier mit Stm. – „Olden Ruppin“
  • Doppelzweier ohne Stm. – „Werder“
  • Kanadier – „Ruppiner Schweiz“
  • Paddelboote – „Möwe“ & „Neumühle“

Kurz darauf konnte bereits der erste Siegespreis ins neue Bootshaus einziehen: Bei der 1. Havel-Ruder-Regatta 1953, an der die Ruderer aus Alt Ruppin auf Einladung aus Werder / Havel teilnahmen, gelang der Mannschaft Grothe / Viereck im Doppelzweier ohne Stm. ein kleiner Überraschungserfolg. Beide konnten sich in ihrem Rennen gegen größere Rudersektionen durchsetzen und als Erste über die Ziellinie fahren.

Im Winter gab es erneut Zuwachs im Bootspark: Durch die Initiative von Wilfried Gericke konnten in Potsdam zwei neue Doppelzweier gekauft werden, für deren Finanzierung alle Mitglieder zusammenlegten. Zusätzlich übernahm man einen Rennvierer, der in Potsdam ausrangiert werden sollte, als Wrack, das in den Wintermonaten 1953 / 54 generalüberholt wurde.

Zum Anrudern 1954 konnten sich die mittlerweile 55 Mitglieder dann über drei weitere Boote freuen.

Der Vorsitzende Hans Massör musste 1954 seine Funktion aus gesundheitlichen Gründen zur Verfügung stellen und übergab sie an Hans Nöthling, der bis dato als Ruderwart und Trainer im Verein tätig war. Unter seiner Leitung wurde im Sommer 1954 die erste große Wanderfahrt unternommen: Über Oranienburg, Zehdenick, Lychen und Fürstenberg ging es bis zur Müritz und wieder zurück. Alle Boote der Abteilung nahmen an dieser Wanderfahrt teil.

Im Herbst gelang dann erneut ein Erfolg: Einen zweiten Platz auf der 2. Havel-Ruder-Regatta in Werder / Havel gab es bei den Rennruderern zu feiern.

Das Bootshaus war mittlerweile zu klein geworden: Durch eine Vielzahl von Privatbooten wurde ein neuer Anbau notwendig, der im Winter 1954 / 55 geplant und ausgeführt wurde.

Pünktlich zur Fertigstellung, konnte die auf 60 Mitglieder angewachsene Abteilung, im August 1955 einen Wanderrudervierer von der Wanderruderkommission der DDR in Empfang nehmen, der auf den Namen „Rhin“ getauft wurde.

Neben den Mitgliedern der Abteilung, trainierte auch eine Schülerruderriege mit 20 Jugendlichen auf dem Gelände, die von Wilfried Gericke theoretisch und praktisch im Rudern ausgebildet wurden. Bereits im Herbst 1955 konnten diese Jungen und Mädchen bei der Kreisregatta einen Sieg für sich verbuchen.

Auch für die Leistungssportler der Sektion Alt Ruppin zahlte sich das harte Training aus:

  • In Potsdam konnten zwei erste Plätze belegt werden,
  • in Werder standen die Wassersportler ebenfalls zweimal ganz oben,
  • in Grünau schafften es die Ruderer dreimal auf das Podest,
  • und in Neuruppin konnte man vier Siege feiern.

Nach Abschluss der Saison 1955 wurde erstmals mit dem regelmäßigen Ausgleichssport in der Turnhalle der Oberschule Alt Ruppin begonnen. Der Trainingsfleiß sollte auch in den folgenden Jahren belohnt werden: An Regatten in Storkow, Potsdam, Neuruppin, Templin, Werder und Brandenburg konnte erfolgreich teilgenommen werden.

Auch das Wanderrudern stand wieder vermehrt auf der Tagesordnung: Große Wanderfahrten bis zur Mecklenburger Seenplatte wurden durchgeführt. Allein im Jahr 1959 konnten die 85 Mitglieder 15.590 Kilometer rudern.

Einen Höhepunkt des Jahres stellten die Eierfahrten dar: Mehrmals jährlich steuerten die Ruderer in ihren Booten ein vorher festgelegtes Ziel an. Die erste Mannschaft, die dort ankam, erhielt eine Mandel Eier (= 15 Stück). Ein regelrechter Wettkampf zwischen den Ruderern der Ruppiner Region entwickelte sich daraus in den folgenden Jahren. Die Eierfahrt nach Zermützel stand traditionell als erste auf dem Programm und wurde bei milden Wintern auch schon am Neujahrstag durchgeführt.

Die Mitgliederzahl hatte zum Ende der fünfziger Jahre ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht, brach dann in der Mitte des folgenden Jahrzehnts ein: Der Vorstand kam damals zu dem Schluss, dass zum einen die passiven Mitglieder, die über kein eigenes Boot verfügten und zum anderen diejenigen, die schon jahrelang auswärts arbeiteten und nicht mehr aktiv am Rudersport beteiligt waren, aus der Sektion ausschieden. Als weiterer einschneidender Faktor kam hinzu, dass die Oberschule die Werbung der Abteilung bei den Schülern nicht mehr unterstützte. So blieb der Nachwuchs aus und die Wassersportabteilung schmolz auf lediglich 30 Mitglieder zusammen. Erst in den siebziger Jahren gab es wieder einen Aufschwung.

1970 übernahm Hans Nöthling, nach seiner Amtszeit von 1954 – 1957, erneut die Leitung der Abteilung Rudern. Neue Erfolge bei Regatten konnten gefeiert werden und das Vereinsleben wurde intensiviert: Eine Faschingsfeier, eine Feier zu Ostern, An- und Abrudern, Wanderfahrten, Trainingslager und Schwimmwettkämpfe für die jungen Mitglieder, sowie eine Weihnachtsfeier fanden großen Beifall bei den Wassersportlern und schweißten sie zusammen. Auch an der jährlichen Korsofahrt wurde mit selbst gestalteten Booten teilgenommen.

Auf 26.174 Ruderkilometer kamen die 51 Mitglieder im Jahr 1974.

Im selben Jahr gab es erneut einen Wechsel an der Spitze der Abteilung: Jörg-Peter Stahlbaum, der bereits zwei Jahre zuvor als Übungsleiter eingeführt wurde und den Rudersport in Alt Ruppin in den nächsten dreißig Jahren maßgeblich prägen sollte, übernahm fortan die Leitung der Sektion. Der bisherige Vorsitzende, Hans Nöthling, wurde in diesen Tagen auf Grund seiner langjährigen Verdienste um den Rudersport in der Rhinstadt, zum Ehrenvorsitzenden der Sektion Rudern ernannt.

In der Folgezeit richtete sich der Fokus mehr und mehr auf den Rennrudersport: Der Trainingsbetrieb wurde ausgebaut, Trainingslager fanden regelmäßig statt und auch die sportliche Betätigung im Winter wurde verstärkt. Mit Wettkämpfen im Hallenhandball, Kraftausdauer, Wald- und Crossläufen, wurde in der kalten Jahreszeit der Grundstock für die Rudersaison im Sommer gelegt.

Der Vorstand schuf eigens eine Auszeichnung „Sportler des Jahres“, die als zusätzlicher Ansporn dienen sollte.

Beständig wuchsen die Leistungen der Ruderer – auf Regatten konnte man immer mehr Erfolge verbuchen. Auch vor den eigenen Toren wurden erstmals Wettkämpfe ausgetragen: Die Kreis- Kinder- und Jugend-spartakiade, die jährlich an wechselnden Austragungsorten stattfand, machte nun auch regelmäßig in Alt Ruppin Station. Darüber hinaus richteten die Ruderer 1980 die erste eigene Regatta aus: Die Alt Ruppiner Kurzstreckenregatta stand in diesem Jahr erstmals auf dem Programm.

Eine klare Zielstellung wurde für die Wassersportler formuliert: Man wollte an die Spitze der DDR. Ein erster Durchbruch gelang 1982: Erstmals in der Geschichte des Alt Ruppiner Rudersports nahm ein Boot an einer nationalen Meisterschaft teil. Bei der DDR-Meisterschaft konnte in Brandenburg / Havel in einem Zwischenlauf ein zweiter Platz belegt werden. Von da an waren die Ruderer vom Rhin häufiger bei den DDR-Meisterschaften präsent und erreichten sogar mehrfach Medaillenränge.

Zwei Sportler aus Alt Ruppin schafften in den folgenden Jahren den Sprung an die Sportschulen des Landes: Marcus Gabel wurde 1983 nach Potsdam delegiert und Andreas Gabel folgte 1986 dem Ruf an die Jugendsportschule nach Rostock.

Der Sport unterlag in der DDR der exakten Planung: Jährlich trafen penible Vorgaben vom Bezirksfachausschuss Rudern aus Potsdam ein, die zu erfüllen waren. So sah der Jahressportplan 1987 beispielsweise vor, im damaligen Bezirk Potsdam 90 neue Mitglieder zu werben, 25 Regatten mit 1000 Teilnehmern durchzuführen, 1200 Sportabzeichen abzulegen und die Zahl der Kinder in den Rudersektionen auf 400 zu erhöhen. Mit Arbeitsplänen, Wettbewerbsprogrammen, Perspektivplänen und deren Umsetzung, wurde diesen Anforderungen Rechnung getragen.

Neben dem Leistungssportbetrieb gab es auch etliche Veränderungen auf dem Gelände: Bootsstege wurden neu errichtet und überarbeitet, eine Trinkwasserleitung wurde installiert und das Bootshaus wurde auf Vordermann gebracht: Die bisherige Holzverkleidung entsprach nicht mehr dem Standard und wurde aus brandschutztechnischen Gründen durch den damals modernen Werkstoff Asbest ersetzt. Nach dem Einbau einer Heizung und neuer Fenster im Clubraum, konnte man diesen endlich auch ohne zu frieren im Winter nutzen.

Auch die Wanderruderer waren weiterhin fleißig unterwegs: Die 17 Mitglieder, die sich dem Wanderrudern verschrieben hatten, ruderten im Jahr 1985 insgesamt 13.616 Kilometer auf 412 Fahrten.

Viele andere Rudersektionen begrüßte man zu Ausfahrten auf den Ruppiner Gewässern, darunter die Ruderkameraden aus Anklam, Berlin, Weißenfels, Hennigsdorf und Birkenwerder.

Mit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten zur Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1990, eröffneten sich für die Bürger der ehemaligen DDR viele neue Möglichkeiten: Auch die Ruderer aus Alt Ruppin wollten gleich nach der Wende neue Wege gehen.